Peter Hujars Day – Berlinale Review

, ,

Das letzte Mal war Ira Sachs 2023 mit Passages auf der Berlinale. Das war ein Film, der mit der Zeit bei mir immer mehr gewachsen ist und am Ende des Jahres zu meinen Favoriten zählte. Jetzt ist er mit “Peter Hujars Day” wieder zu Gast im Panorama. Es ist ein Film, der sich sehr stark von Passages unterscheidet. Viel kleiner, nur 74 Minuten lang, lediglich zwei Schauspieler: Ben Wishaw und Rebecca Hall. Der Film ist ein einziger Dialog, fast ein Monolog von Ben Wishaw. Es geht um den Fotografen Peter Hujar, der bei der Schriftstellerin Linda Rosenkranz Zuhause zu Gast ist und ihr von seinem gestrigen Tag erzählt. Das Ganze basiert auf kürzlich wiederentdeckten Originaltranscripten, wie der Film auch Eingangs deutlich macht. Man könnte das Folgende dann als kleine Fingerübung oder Experiment abtun, aber würde damit zu kurz greifen.

Ben Wishaw als Peter Hujar| ©  One Two Films

Peter Hujar erzählt von allem möglichen, aber vor allem alltäglichen. Es geht um seine Arbeit als Fotograf, um Telefonate die er führt, um einen Termin bei Allen Ginsberg, ums Nickerchen machen und essen holen. Fast Minutiös geht er durch seinen Tag, obwohl ihm jetzt nichts lebensveränderndes passiert ist, aber genau damit erhebt der Film den Alltag zu etwas besonderem. Es werden diverse Namen aus der New Yorker Kunstszene der 70er gedroppt, teilweise fühlt es sich wie eine Gossip-Session an. Aber es ist auch eine Reflexion des künstlerischen Prozesses, denn so richtig zufrieden ist Hujar mit seiner Arbeit nicht. Wie jedem Fotografen gefallen ihm seine Fotos natürlich nicht. Es werden hier keine großen philosophischen Themen behandelt, keine existenziellen Fragen offensiv gestellt, aber trotzdem hat der Film einen emotionalen Kern, zu dem er sich langsam arbeitet. Er macht es recht subtil, am Ende läuft Wishaw nur eine kleine Träne herunter, aber sie reicht, um zu zeigen, wie kleine alltägliche Dinge hier dennoch ganz großes bewirken können. Allgemein trägt Ben Wishaw diesen Film mit seinem tollen Spiel, bei dem er sein britisches Englisch gegen einen ganz harten New Yorker Schlag ersetzt. Während man seinen Geschichten folgt, entwickelt sich im Kopf fast ein zweiter Film, bei dem sich Peter Hujars Tag in unseren Gedanken abspielt, aber auch der Film vor unseren Augen, wird visuell nie uninteressant. Das Gespräch spielt sich zwar nur in zwei-drei Räumen ab, aber Ira Sachs findet immer neue Wege sie zu inszenieren. Dabei spielt so etwas wie zeitliche Kontinuität nur eine zweitrangige Rolle. Mal scheint Tag zu sein, mal Nacht, manchmal ist die Sonne ganz tiefstehend. Der Film ist eben nicht nur ein einfaches Kammerspiel, sondern auch eine grandiose Übung in Stimmung und Atmosphäre, eine Meisterleistung der Beleuchtung und so wunderbar analog. Es ist ein Genuss. Nach Passages ist Peter Hujars Day in seiner Form vielleicht eher unerwartet, aber gerade deshalb nicht weniger spannend.

Hinterlasse einen Kommentar