Berlinale 2025 – das wird wichtig!

Diese Woche geht es wieder los, die Berlinale geht in ihre 75. Ausgabe und wir sind natürlich auch wieder mit dabei. Vom 13. bis 23. Februar feiert das Filmfestival aber nicht nur sein 75. Jubiläum, sondern begeht gleichzeitig die erste Ausgabe unter der neuen Festivalleitung Tricia Tuttle. Das sind spannende Ausgangsbedingungen, doch was können wir von diesem Jahr erwarten? Uns haben sich in den letzten Wochen einige Fragen gestellt, mit denen wir in die diesjährige Berlinale gehen.

© Internationale Filmfestspiele Berlin / Claudia Schramke, Berlin
Frischer Wind durch Perspectives?

Die wahrscheinlich größte Veränderung im diesjährigen Programm ist die neue Sektion Perspectives. Der Debütfilm-Wettbewerb ersetzt mit Encounters das Herzensprojekt des ehemaligen Leiters Carlo Chatrian und ist als Zeichen der Neuausrichtung unter Tricia Tuttle zu verstehen. Der Gedanke dahinter scheint zu sein, die Berlinale zu einem attraktiven Festival für junge Filmemacher*innen zu machen. Und wer den Perspectives Wettbewerb gewinnt, kommt mit seinem zweiten und dritten Film vielleicht auch wieder zur Berlinale zurück. Klassische Talentbindung. Die Frage ist dabei nur, ob die neuen Stimmen, die wir in Perspectives sehen werden, auch wirklich frischen Wind hereinbringen und ästhetisch als auch erzählerisch etwas neues zu sagen haben. Besonders auf die Kuration und Programmgestaltung muss ein Augenmerk gelegt werden: Was für Filme werden hier gezeigt? Welchen Fokus legen Tuttle und ihr Auswahlteam bei dieser Sektion und was für eine Art von Nachwuchstalent wird konkret gefördert?

An welchem Punkt ist das deutsche Kino?

Es haben auch 2025 wieder viele deutsche Produktionen ihren Weg in das Festivalprogramm gefunden, doch fällt ein Umstand dabei auf: Jede Sektion zeigt mindestens zwei deutsche Filme oder gar mehr, nur im Wettbewerb steht Frederic Hambaleks kleine Fernsehfilm-Produktion Was Marielle weiß allein da. Besonders im Special tummeln sich die deutschen Regisseure: Jan-Ole Gerster, Burhan Qurbani, Edgar Reitz, Tom Tykwer, Petra Volpe. War keiner dieser Film gut genug für den Wettbewerb? Ohne einen falschen Anspruch auf die Ausstellung eines nationalen deutschen Kinos erheben zu wollen, sollte dennoch die Frage gestellt werden, warum diese Entscheidung so getroffen wurde. Was sagt uns das über das deutsche Kino? An welchem Punkt befindet sich der deutsche Film und das größte deutsche Festival, wenn unsere wichtigsten Regisseure lieber nach Cannes wollen?

Wie positioniert sich das Festival zu aktuellen Diskursen?

Wenn wir ein Jahr zurückdenken, bleibt von der 74. Berlinale vor allem viel Kontroverse in Erinnerung: es begann mit der Posse um die (Nicht-)Einladung von AfD-Politikern und endete mit der verhängnisvoll entglittenen Preisverleihung durch die Proteste rund um den Krieg in Nahost. In beiden Fällen sah das Festival nicht souverän aus. In diesem Jahr sind diese Themen nicht weniger relevant und das Diskursklima ist auch nicht wirklich abgekühlt. Die Berlinale findet mitten im Wahlkampf vor der Bundestagswahl statt, in dem es vor allem um Migration ging und dessen Ton immer menschenverachtender wurde. Auch der von Strike Germany in Zusammenarbeit mit der BDS-Kampagne organisierte Boykott der Berlinale und die Protestaktionen verhärten sich. Während von einer Seite Antisemitismusvorwürfe gegen die Berlinale erhoben wurden, wirft die andere Seite der Debatte das Gegenteil vor. Wie geht das Festival mit dem Druck um und wie wird es weitere Eklats vermeiden?

Wie geht es weiter beim Forum?

Letztes Jahr begann für die unabhängige Sektion Forum mit der neuen Leitung unter Barbara Wurm ein neues Kapitel und das erste Programm unter ihr versprach Umschwung. Das Forum zeigte wieder massentauglichere und zugänglichere Filme, sogar Genre-Kino war im Forum mal wieder vertreten. Das Programm wirkte wieder leichtfüßiger und bot einige Lichtblicke in einer sehr mäßigen Festivalausgabe 2024. Jetzt geht es für Barbara Wurm ins schwierige zweite Jahr und es wird interessant, ob das Forum den Weg der Veränderung, der letztes Jahr angedeutet wurde, weitergehen kann.

Still von „Cadet“ von Adilkhan Yerzhanov © Cadet
Was für einen Beitrag leisten die Filme?

Wie sich die Berlinale zu gesellschaftlichen Debatten verhält, hängt natürlich auch davon ab, was für Filme sie zeigt und was diese Filme für Perspektiven eröffnen können. Ins Auge fällt da beispielsweise die Wahl des Eröffnungsfilms „Das Licht“ von Tom Tykwer. Wie man aus der Inhaltsangabe schließen kann, geht es dort um eine deutsche Familie und ihre syrische Haushälterin. Das klingt natürlich nach einem Diskursfilm und es stellt sich direkt die Frage, was Tom Tykwer zur erhitzten Debatte beitragen könnte. Eine Neuerung bei der Eröffnung in diesem Jahr ist außerdem, dass der Eröffnungsfilm zeitgleich in einigen anderen Kinos in ganz Deutschland gezeigt wird. Damit kriegt die Wahl des Films noch mehr Relevanz.

Mehr Stars, mehr Relevanz?

Wofür die Berlinale in der Mainstream-Presse in den letzten Jahren oft gescholten wurde, ist das Fernbleiben der wirklich großen Namen. Dass das Festival hinter Cannes und Venedig auf Platz drei rangiert, wird sich auch in den nächsten Jahren nicht ändern lassen. Dennoch tut die Berlinale wieder gut daran, wieder etwas mehr an Relevanz hinzuzugewinnen, denn vor allem der Wettbewerb litt zuletzt darunter. Auch in diesem Jahr finden sich im Wettbewerb nicht die allergrößten Namen, aber abseits davon darf man sich auf Stars wie Timothée Chalamet, Jacob Elordi, Benedict Cumberbatch oder Robert Pattinson freuen. Auch die Einbindung vom neuen Medienpartner TikTok passt zum diesjährigen Bestreben, mehr Sichtbarkeit für die Berlinale zu generieren, doch wird das gelingen?

Kann dem Potsdamer Platz neues Leben eingehaucht werden?

Ein großes Problem der Berlinale, ist, dass das jahrelange Festivalzentrum im Sterben liegt. Am Potsdamer Platz war mal viel los, dann schloss CineStar im Sony Center geschlossen und jetzt wurde das Arsenal auch ausgestoßen. Nach der Renovierung finden auch nur Presse- und Marktvorführungen im Cinemaxx statt. Der Ort droht vor allem filmkulturell zu verwaisen und die Berlinale verstreut sich immer mehr in der Stadt. Das ist für die persönliche Festivalplanung schlecht und auch für das Festival schade, weil es keinen Ort gibt, an dem so etwas wie eine Festivalatmosphäre aufkommt. Aber: es gibt in diesem Jahr scheinbar den Versuch das zu ändern. Am Berlinale Palast soll mit dem HUB75 eine Art Festivalzentrum entstehen, wo auch Talks für die Öffentlichkeit stattfinden sollen. Außerdem gibt es mit dem Blue Max Theater eine neue Spielstätte direkt am Potsdamer Platz. Das klingt danach, als ob vor Ort wieder mehr los sein wird, aber wird der Platz so auch zu einem richtigen Festivalzentrum, an dem man sich gerne aufhält und mit anderen in Kontakt kommt? Und wie viel wird ein halber Liter Staropramen an der Festivalbar kosten?

Lars Eidinger in Tom Tykwers „Das Licht“ © Frederic Batier / X Verleih
Wie werden die Filme?

Am Ende sind wir alle vor allem aus einem Grund auf der Berlinale: wir wollen viele gute Filme sehen. Man kann sich über das Programm im voraus immer groß den Kopf zerbrechen und mögliche Favoriten herauspicken, aber wie die Filme sind, weiß man immer erst, wenn man sie sieht. Und welche Filme wird die Jury rund um den Jurypräsidenten Todd Haynes (tolle Wahl) auszeichnen? Die Berlinale hat ein Riesenprogramm und es war schon immer der größte Reiz, hier einfach ungeahnte Schätze zu entdecken. Hoffen wir auf viel bereicherndes, neues und aufregendes auf der Berlinale, denn wenn die Filme gut sind, ist auch das Festival ein voller Erfolg.

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